OMURKUL BORUBAEV

MOLE. Medium für kulturelle Nahversorgung, Tirol#07 2012 / Rosanna Dematté

Importiert: Filmemacher Omurkul Borubaev

Omurkul (Omar) Borubaev lebt seit 2007 in Tirol, er ist Künstler und Filmemacher. Seine biographischen Daten verdichten sich auf drei DIN-A4-Seiten dermaßen, dass es beinahe unmöglich erscheint, seines Lebenslaufs nachvollziehbar zu umreißen. Borubaev wurde 1956 in der Hauptstadt von Kirgistan, Frunse (heute Bischkek), geboren. Bereits als er noch ein begabter Kunstschüler war, begegnete ihm der litauische Regisseur Algimantas Vidugiris, mit dem er während der folgenden 15 Jahre zusammenarbeitete, als Assistent und Art Director für die Produktionen des Kinostudios Kirgisfilm, das so wie Georgienfilm oder Kazachfilm u.a. in der Sowjetunion zur Verbreitung der politischen Ideologie bis zum Beginn der Perestroika finanziert wurde. Doch: „Danach war plötzlich nichts mehr.“

Mit seiner langjährigen Berufserfahrung am Filmset in der Tasche – er ist auch als Stuntman tätig – wurde Borubaev 1984 jedoch in das Sowjetisch-Staatlichen Institut für Kinomatographie (Gerassimow-Institut) in Moskau aufgenommen. Dort war das Zeichnen nach den Kriterien des Sozialistischen Realismus wichtiger Bestandteil der Ausbildung und jede Abstraktion verboten. Wichtig war für Borubaev aber vor allem, dass man dort seine Erfahrung und seine Kontakte so wichtig nahm, dass ihm seine Lehrer neben dem Studium sogar erlaubten, bei dem sowjetisch-amerikanischen Projekt Peter der Große mitzuarbeiten. Denn groß war damals bei allen die Neugierde auf die Welt außerhalb der Sowjetunion, und Borubaev genoss das Privileg, international arbeiten zu dürfen, wovon er stark profitierte: „Ich wurde bei einer Prüfung gefragt, ob ich einen berühmten Kameramann kenne. Ich antwortete Vittorio Storaro, wie mir das meine Studienkollegen ins Ohr flüsterten, doch ich kannte Storaro damals bereits persönlich!“ Auf seiner ersten Reise nach Europa schließlich landete Borubaev in Brüssel und empfand das unerwartete Gefühl, „zu Hause“ angekommen zu sein. In der Folge begann er zwischen Deutschland und Kirgistan zu pendeln und spezialisierte sich in Computergrafik. „Ich verkaufte mein Auto und kam mit einem Pentium nach Kirgistan zurück.“ So wurde er zum Pionier in der Gestaltung von animierten Logos und großformatigen Werbeplakaten für die Privatfirmen, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Kirgistan entstanden. „Am Anfang mussten die Plakate sogar noch in Moskau gedruckt werden. Doch bald hatte Kirgistan eigene Drucker und auch junge Leute, die meine Arbeit günstiger erledigten.“ Die gelernten ästhetischen Kriterien spielten keine Rolle mehr, weil sie keinem Wertesystem mehr dienen mussten. Leicht nostalgisch blickt Borubaev heute darauf zurück, wie der Ausfall einer allumfassenden Ideologie eine plötzliche Leere hinterließ und „wilde Euphorie“ auslöste. Der Fall der „ästhetischen Säulen“ der Sowjetunion manifestierte sich im eklektischen Kitsch der Neureichen.

Seit den 1990er begleitet Omar Borubaev internationale Filmproduktionen zwischen Europa und Kirgistan und arbeitet an seinen  eigenen Dokumentarfilmen und Kunstprojekten. Egal, wohin ihn Menschenbegegnungen mitnehmen, er behält den weiten Blick des Sohnes eines kirgisischen Geologen. In Tirol hat er fruchtbaren Boden gefunden und seine eigene Produktionsfirma CINOMAR filmproductions gegründet. „Man zieht überall Möglichkeiten an, wenn man die eigene positive Substanz findet. Ich habe entschieden, das Maximum meiner Seele und meiner Ideen zu geben, egal ob bei aufwendigen Storyboards für Spielfilme, bei Kunstprojekten oder bei kürzeren Auftragsfilmen. Ich weiß nie, was wird.“